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Produktsicherheit

Verbraucherschützer begrüßen das neue europäische Produktsicherheitsrecht

Wer ein technisches Produkt kauft – ob im Supermarkt, im Fachhandel oder online – geht nicht nur davon aus, dass das Produkt funktioniert. Er vertraut auch darauf, dass das Werkzeug, das Elektrogerät oder die Maschine sicher benutzt werden kann. Doch immer öfter wird dieses Vertrauen enttäuscht.

Grafik mit Paragraf und Sternen zur neuen Verordnung zum Produktsicherheitsrecht

In Deutschland gilt der Verbraucherzentrale Bundesverband e.V. (vzbv) als maßgebliche Institution für den Schutz der Interessen von Verbraucherinnen und Verbrauchern. Der Dachverband von 16 Verbraucherzentralen und mehr als 30 verbraucherpolitischen Verbänden informiert, berät und leistet rechtlichen Beistand auf verschiedenen Gebieten, darunter auch die Produktsicherheit.

Vernetzung macht Geräte angreifbar

In einer Meldung warnte der Verband zuletzt vor den speziellen Gefährdungen durch vernetzte Geräte und neue Technologien. Die Produktsicherheitsexperten des vzbv sehen neue Sicherheitsrisiken, die zum einen Gesundheit und Leben, zum anderen aber auch die Privatsphäre der Nutzerinnen und Nutzer bedrohen. Sie weisen darauf hin, dass bei Geräten, die vernetzt und permanent oder zumindest zeitweise mit dem Internet verbunden sind, grundsätzlich die Gefahr eines Angriffs von außen gegeben ist.

Dadurch besteht das Risiko, dass Cyberkriminelle und Hacker ein technisches Produkt auf eine Weise manipulieren, dass es für den Benutzer zur Gefahr wird. Dies könnte z. B. dadurch erfolgen, dass die vom Hersteller für einen bestimmten Zweck eingebauten Sensoren so manipuliert werden, dass sie eine Gefahr nicht mehr erkennen bzw. nicht mehr melden. Der Nutzer, der davon ausgeht, dass das Gerät bei Gefahr Alarm schlägt, kann sich so in eine gefährliche Situation bringen, wenn die vom Hersteller vorgesehenen Warnungen ausbleiben.

Verbraucherschützer begrüßen neues europäisches Produktsicherheitsrecht

Der vzbv weist zu Recht darauf hin, dass diese neuen und im Zuge der Digitalisierung, Automatisierung und Vernetzung kaum ganz vermeidbaren Risiken nicht nur für die Gesetzgebung, sondern auch für die Marktüberwachung und die Zollkontrollen neue Herausforderungen mit sich bringen. Die Verbraucherschützer begrüßen daher ausdrücklich, dass der europäische Gesetzgeber nach mehr als 20 Jahren das allgemeine für die Europäische Union geltende Produktsicherheitsrecht überarbeitet hat. Das „Update“ wurde im Mai 2023 als neue Verordnung über die allgemeine Produktsicherheit veröffentlicht.

Die Verbraucherzentrale Bundesverband bewertet die folgenden Aspekte des neuen Produktsicherheitsrechts als ausdrücklich positiv im Sinne der Verbraucher:

  • dass Cybersicherheit nun als neues Kriterium für die Bewertung der Sicherheit von Produkten gelten soll.
  • dass die Marktüberwachungsbehörden mehr Befugnisse erhalten, z. B. durch die Option, online Testkäufe durchzuführen.
  • dass Produkte in der Lieferkette künftig besser rückverfolgbar werden sollen, weil Hersteller und Importeure zur Angabe bestimmter Informationen verpflichtet werden.
  • dass für Verbraucherinnen und Verbraucher bei einem Produktrückruf neue Abhilfemaßnahmen möglich werden wie etwa die Wahl zwischen Umtausch, kostenloser Reparatur und Geld-zurück-Option.

vzbv fordert: Online-Marktplätze als Wirtschaftsakteure in die Haftung nehmen!

Mit einem Aspekt zeigen sich die Experten des vzbv jedoch unzufrieden und zwar hinsichtlich der Regelungen zur Verantwortung der Betreiber von Online-Marktplätzen. Dabei sei die Lösung im Grunde einfach und unkompliziert: Sobald Online-Marktplätze als Wirtschaftsakteure und integraler Bestandteil der Lieferkette definiert würden, würde es für sie zur Pflicht, dafür zu sorgen, dass nur konforme Produkte auf den europäischen Binnenmarkt gelangen. Der vzbv kritisiert, dass die EU dies aufgrund der politischen Mehrheitsverhältnisse nicht geschafft habe und stellt drei Forderungen auf:

  • Die EU sollte Betreiber von Online-Marktplätzen als „haftende Akteure in der Lieferkette“ definieren. Dadurch werde gewährleistet, dass ausschließlich sichere und regelkonforme Produkte auf den europäischen Markt gelangen.
  • Die für Marktüberwachung, Kontrollen, Zoll usw. zuständigen Behörden sollten „finanziell, technologisch und personell deutlich besser ausgestattet“ werden.
  • Die EU müsse die Rolle des Bevollmächtigten stärken und seine Pflichten erweitern.

In einer aktuellen Stellungnahme vom Juni 2024 zur Verantwortung von Online-Marktplätzen geht der Verbraucherzentrale Bundesverband noch weiter und richtet sich mit konkreten Vorschlägen an den europäischen Gesetzgeber:

  • spezifischere Sorgfaltspflichten für Betreiber von Online-Marktplätzen
  • eine gesamtschuldnerische Haftung der Betreiber von Online-Marktplätzen
  • klarere Definitionen der Pflichten der Betreiber von Online-Marktplätzen im Hinblick auf die Produktsicherheit
  • ein klares Verbot manipulativer Designs

Online-Handel als größte Einfallstor für unsichere Produkte

Stefanie Grunert, Referentin Team Recht und Handel beim vzbv, nennt das Beispiel von fünf Millionen Spielzeugen, die allein zwischen Oktober 2021 und Januar 2022 beschlagnahmt worden waren, weil sie ein ernstzunehmendes Gesundheitsrisiko für Kinder darstellten. Die meisten dieser gefälschten Spielzeuge waren aus Ostasien in die EU, Großbritannien und die USA importiert worden. Dabei sei der Online-Handel und insbesondere die Online-Marktplätze „das größte Einfallstor für nicht rechtskonforme Produkte auf dem europäischen Markt“.

Die Verbraucherzentralen spüren diese Entwicklung auch durch einen deutlichen Anstieg der eintreffenden Beschwerden zu Konsumgütern. Diese betrafen Produktmängel, ausbleibende Lieferungen und das Durchsetzen von Verbraucherrechten wie zur Gewährleistung oder zum Widerrufsrecht. Bereits 2020 hatte eine Untersuchung ergeben, dass solche Problemfälle vermehrt Bestellungen von außerhalb der EU betrafen. Neben unsicheren Spielzeugen werden immer wieder auch weitere Produkte aus anderen Kategorien gemeldet, so z. B. Rauchmelder, die keinen Rauch melden, oder Kosmetika, die verbotene Inhaltsstoffen aufweisen. Es wird sich zeigen, inwieweit die neuen Regeln Verbraucherinnen und Verbraucher ausreichend vor gefährlichen Produkten schützen. Der vzbv wird die Entwicklung weiter kritisch verfolgen.

Download-Hinweis: Detaillierte Erläuterungen zu den Forderungen des vzbv finden sich in einem Kurzpapier zur Verantwortung von Online-Marktplätzen.

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